Die Geschichte des Planeten Darkover beginnt mit der
Notlandung eines Aussiedler-Raumschiffes von der Erde und der Gründung einer Kolonie. Die Kolonisten
haben Begegnungen mit verschiedenen einheimischen Spezies, darunter die zweigeschlechtlichen Chieri,
die menschenverwandt sind. Deswegen können nach Paarungen auch Mischlingskinder zwischen Chieri und
Menschen entstehen. In den nächsten Jahrhunderten bauen die Menschen auf dem Planeten, der ein raues
Klima aufweist, eine eigene nichttechnische Zivilisation auf, denn der Schiffskapitän hatte durch
die Zerstörung des Bordcomputers dazu beitragen, dass das irdische Wissen schnell vergessen wird.
Eine Anzahl von Menschen entwickelt verschiedene Formen von Psi-Kräften, die "Laran" genannt werden
und die bei unsachgemäßer Anwendung große Gefahren verursachen. Laran wird durch Matrizes, das sind
einheimische Kristalle, gebündelt und verstärkt. Durch Unfälle mit unkontrolliertem Laran werden
ganze Städte zerstört. Diese Periode wird später "Das Zeitalter des Chaos" genannt. Die Gefahr kann
dadurch gemildert werden, dass Laran-begabte Menschen in Türmen ausgebildet werden, in denen sie
lernen, mit diesen Kräften richtig umzugehen. Ein Spannung erzeugendes Element ist dabei, dass sexuelle
Aktivitäten und die Anwendung von Laran durch den selben Menschen gefährlich für die Gesundheit sind.
Daher müssen die Bewahrerinnen der Laran-Kreise, in denen sich die telepathisch begabten Mitglieder
versammeln, jungfräulich bleiben. Es entwickelt sich eine feudale Herrschaftsform, in der sieben
adelige Familien den Planeten beherrschen, den sie in Domänen aufgeteilt haben. Nach ca. 2000 Jahren
nach der Landung, so genau weiß das niemand, kommt es zur Wiederentdeckung der Kolonie durch die Menschen
der Erde. Die Erdmenschen gründen einen Stützpunkt, Darkover erhält den Status einer "geschützten Welt",
eine Art Mischung zwischen Protektorat der Erde und Eingeborenenreservat. Vom Spannungsfeld der Begegnungen
zwischen Erdmenschen und Darkovanern, dem Gegensatz zwischen moderner und mittelalterlicher Zivilisation,
Demokratie und Feudalstaat, Strahlwaffe und Schwert, Technik und PSI-Kräften, lebt die weitere Serie.
Jeder Roman erzählt eine abgeschlossene Geschichte, allerdings in unterschiedlichen Perioden spielend und
teilweise mit anderen Hauptpersonen. Dies bringt zwar einiges an Widersprüchen zwischen den Bänden mit
sich, wirkt aber faszinierend, weil Handlungsträger eines Romans in einem anderen jünger oder älter
auftauchen, Nebenfiguren zu Hauptfiguren, Handlung zu Geschichte oder gar Legende wird und so einem
Puzzle gleich nach und nach ein immer kompletteres Bild einer fremdartigen Welt entsteht. Die Autorin
riet Lesern, die Bände eher in der Reihenfolge der Publikation zu lesen, weil sie sich selbst weiterentwickelt
hatte und die späteren Romane sich weg vom üblichen Abenteuerschema entwickelten,
tiefgründiger und länger waren.
Bradley trat für die Gleichstellung der Geschlechter und für die Freiheit homo- und bisexueller Beziehungen ein
und thematisierte dies auch in ihren Romanen. Sie entwickelte das Thema der "Freien Amazonen" weiter, die bereits
im ersten Darkover-Roman The Planet Savers vorgekommen und in The Shattered Chain erstmals zentrales Thema
eines Romans waren. Den "Amazonen" folgten dann mit Thendara House und City of Sorcery zwei weitere Romane um
die gleichen Protagonistinnen, sodass diese Amazonen-Trilogie eine Subserie innerhalb der ganzen Darkover-Serie
bildet. Diese "Entsagenden" bilden eine Gesellschaftsform, in der sich in der patriarchalischen Herrschaft
unterdrückte Frauen in freien Lebensgemeinschaften in eigenen Häusern zusammenschließen. Weitere zusammenhängende
Geschichten sind der Zweiteiler The Spell Sword und The Forbidden Tower sowie die mit Co-Autorinnen entstandenen
Marguerida-Alton-Trilogie und die Clingfire-Trilogie.
Die Freien Amazonen wurden so populär, dass sich in Amerika nach diesem Vorbild Frauen zu Lebensgemeinschaften
zusammenschlossen und Amazonennamen wie in der Darkover-Welt geschildert annahmen. The Heritage of Hastur, der
als Schlüsselroman der Serie angesehen wird, war in der Science Fiction-Welt insoweit ein Tabubruch, als mit
großem Einfühlungsvermögen homosexuelle Beziehungen zwischen den männlichen
Hauptpersonen geschildert wurden.
Die Beliebtheit des Darkover-Universums zeigte sich auch darin, dass viele Fan-Autorinnen und (wenige) -Autoren
eigene Darkover-Erzählungen schrieben. Der Großteil davon hatte die Freien Amazonen zum Thema. Bradley gab eine
Anzahl dieser Erzählungen in einer zwölfteiligen Anthologienreihe heraus, wobei sie geschickterweise in jedem Band
mindestens eine eigene Kurzgeschichte mit publizierte und somit den Verkaufserfolg sicherte.
Darkover wurde im deutschen Sprachraum zuerst mit zwei Romanen in der Utopia-Heftreihe vorgestellt, beginnend 1960
mit Dr. Allisons 2. Ich, dann Die Kräfte der Comyn. Außerdem kam Die blutige Sonne zuerst sogar als Utopia Zukunft-
Taschenbuch heraus. Weitere Bände erschienen in den Reihen Terra Nova und Terra Astra, wobei die bereits in Utopia
erschienen Bände nochmals aufgelegt wurden, teilweise neu übersetzt. Die Terra-Bände wurden mit dem Band Die Amazonen
von Darkover abgeschlossen, welcher in der Terra Taschenbuch-Reihe herauskam. Dann kam ein Bruch, was die
Publikationsform und Länge der Bände betrifft. Der Grund bestand in der allgemeinen Marktentwicklung einerseits
und in der konkreten Tatsache andererseits, dass Bradley den Verleger gewechselt hatte. Donald A. Wollheim, der
lange Jahre Herausgeber der Ace-Taschenbuchreihe gewesen war, hatte seinen eigenen Verlag gegründet und etliche
Autoren und Autorinnen, darunter Bradley, mitgenommen. Er ermutigte sie, ihre Serie, die sie als abgeschlossen
angesehen hatte, fortzusetzen, und stellte ihr auch frei, Manuskripte ohne Beschränkungen
des Seitenumfanges einzureichen.
Durch die Freiheit, was den Umfang und den Inhalt der Bände betrifft, wandte sich Bradley anspruchsvolleren Themen
im Gegensatz zu den früheren Bänden zu, bei denen das Abenteuer im Vordergrund stand und die (wenngleich gekürzt)
auch in Heftumschläge passten. Der erste dieser in Deutschland erschienenen Bände war Herrin der Stürme, der vom
damaligen Herausgeber der Knaur SF Hans Joachim Alpers zu Knaur gelotst worden war. Alpers übernahm dann allerdings
die Herausgeberschaft der neuen Reihe Moewig SF, die einige Jahre Furore machen sollte, bevor sie als Nachdruck-
und "Rupfbuchreihe" ein beklagenswertes Ende nahm. Er brachte die neuen Darkover-Romane in dieser Reihe heraus,
beginnend mit dem Schlüsselroman Hasturs Erbe, und veröffentliche die früher in Heftreihen erschienen kürzeren
Romane ein weiteres Mal in ungekürzten Übersetzungen. Bradley hatte außerdem von den früheren Romanen, mit denen
sie nicht mehr zufrieden war, Die blutige Sonne überarbeitet und erweitert, sowie Das Schwert des Aldones komplett
neu geschrieben, das dann als Sharras Exil auf den Markt kam. Mit diesen Bänden hatte der Sammler erstmals eine
fast vollständige Ausgabe dieser Serie in einer Taschenbuchreihe. Negativ wurde allerdings von vielen Käufer(inne)n
gesehen, dass eine ganze Anzahl der Titelbilder in sexistischer Weise mit barbusigen Damen geziert war, was eher
eine Leserschaft anzog, die an ganz anderen Themen interessiert war als von der Autorin beabsichtigt. In späteren
Neuauflagen der ganzen Darkover-Serie in der Moewig SF, die wegen des großen Erfolges notwendig wurden, wurden für
alle Romane neue, unverfängliche Titelgrafiken mit weißem Umschlag verwendet.
Der Hestia Verlag brachte 1991 in deutscher Erstveröffentlichung Die Erben von Hammerfell in einer schönen
Hardcoverausgabe. Anschließend wurden weitere acht Romane in größtenteils chronologischer Reihenfolge publiziert,
darunter als weitere deutsche Erstausgabe An den Feuern von Hastur, die erste Koproduktion eines Darkover-Romans
mit einer offiziell genannten zweiten Autorin. Angeblich haben aber auch Jacqueline Lichtenberg und Bradleys
Schwägerin Diana L. Paxson an weiteren Darkover-Romanen mitgearbeitet,
ohne als Co-Autorinnen genannt zu werden.
Nach Einstellung der Moewig SF wurden die Darkover-Bände und die anderen vorher bei Moewig erschienenen Romane
Bradleys von Ullstein als Lizenzausgabe unter dem Reihentitel Moewig bei Ullstein nachgedruckt. Die Anlehnung an
die Moewig-Bände ging so weit, dass die Ullstein-Titel sogar anfangs die ISBN-Verlagskennung von Moewig (8118)
verwendeten und die gleichen Reihennummern bekamen, nur mit einer 6 vorgestellt. Die Publikationsreihenfolge
und -nummerierung war etwas chaotisch. Wegen des großen Erfolges gab es eine Anzahl von Neuauflagen, die nur
mehr das Ullstein Verlagslogo hatten und teilweise andere Bandnummern und/oder ein anderes Titelbild bekamen.
Die beiden Anthologien Der Preis des Bewahrers und Freie Amazonen von Darkover wurden zuerst gemeinsam in
einem Sammelband herausgegeben, aber bei der Nachauflage wieder auf zwei Bände gesplittet. Für Sammler störend
bei den Ullstein-Ausgaben ist, dass die Taschenbücher einen sehr dicken Pappeinband haben, was sehr oft
störende Knicke der Titelseite oder des Rückens verursachte.
Ab 1998 erschienen als Knaur-Hardcover die Marguerida Alton-Trilogie, welche hauptsächlich von Adrienne Martine-Barnes
abgefasst wurde, weil Bradley 1999 verstarb. Der zweite und dritte Teil der Trilogie hatten bereits eine Titelbildgestaltung,
welche dann für die Gesamtausgabe in Taschenbuchform fast aller Darkover-Romane und Anthologien wiederverwendet wurde,
die anschließend gestartet wurde. Darunter waren auch einige deutsche Erstausgaben von Darkover-Anthologien.
Die Taschenbücher hatten sehr stimmungsvolle Titelbilder, die ausgezeichnet zur Serie passten. Viele der Romane
wurden später aber mit anderer Titelbildgestaltung als Knaur-Taschenbücher nachgedruckt. In der Gesamtausgabe fehlten
nur der Roman Das Schwert von Aldones, der durch Sharras Exil ersetzt worden war, und zwei Anthologien,
die kurz vorher im Heyne Verlag herausgekommen waren.
Nach dieser Ausgabe kam die Trilogie Die Feuer von Darkover, die ebenfalls eine posthume angebliche Kollaboration
mit Deborah J. Ross war und im frühen Zeitalter des Chaos auf Darkover spielt. Sie erschien in Deutschland in der
Reihe Blanvalet Fantasy in Paperbackform.
Neben verschiedenen Buchgemeinschaftsausgaben beim Bertelsmann-Club, beim Deutschen Bücherbund, bei Bechtermünz
sowie einer deutschen Erstveröffentlichung bei Fantasy Productions gab es schließlich als ultimative Gesamtausgabe
die Weltbild-Sammeledition, die von Michael Nagula kenntnisreich editiert wurde. In dieser sind nicht nur alle
Darkover-Romane und -Anthologien versammelt, sondern auch noch fünf Bände eines Darkover-Atlas.
Es gibt wohl keine andere SF-Serie, die auf Deutsch in so vielen unterschiedlichen Ausgaben bei unterschiedlichen
Verlagen herausgebracht wurde. Das ist ein Beweis dafür, wie beliebt die Werke Bradleys lange auch hierzulande waren.
Der Roman The Shattered Chain, der unter den Titeln Die Amazonen von Darkover und Die zerbrochene Kette zweimal
auf Deutsch übersetzt wurde, ist in der fol- genden Dokumentation in neun verschiedenen deutschen Ausgaben mit unterschiedlichen
Titelbildern zu bestaunen. Das könnte Rekord für einen aus dem Amerikanischen übersetzten SF-Roman sein.
|